Durch eine HPV-Impfung vermeidbare Krankheiten
VAIN, VIN, PIN, AIN
Näheres zu VIN und Vulvakarzinom wird in der S2-Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie Organkommission Vagina/Vulva geregelt.
Epidemiologie
HPV-assoziierte präinvasive Neoplasien des unteren Anogenitaltrakts sind wesentlich seltener als die der Cervix uteri und können in absteigender Häufigkeit die Vulva (VIN), die Vagina (VAIN), den Penis (PIN) und den Analkanal (AIN) befallen.
VIN und Vulvakarzinom
Die Inzidenz des Vulvakarzinoms liegt in Deutschland bei 2/100.000 Frauen pro Jahr. Karzinome der Vulva sind fast ausschließlich Plattenepithelkarzinome, die wiederum in zwei verschiedene Entitäten unterteilt werden können, das klassische verhornende differenzierte Plattenepithel-Ca das häufig mit einem Lichen sclerosus aber nicht mit HPV assoziiert ist und das HPV positive Plattenepithelkarzinom vom undifferenzierten Typ. HPV-DNA wurde in 30-92% aller VIN und 30-60% aller Vulvakarzinome nachgewiesen, wobei es sich in jeweils 76% bzw. 42% um die Hochrisiko-Typen HPV 16 oder 18 handelte [26]. Karzinome jüngerer Frauen (unter 56 Jahren) waren häufiger HPV-positiv (77%) als die älterer Frauen (41%). Die Inzidenz der vulvären intraepithelialen Neoplasie (VIN) als Vulvakarzinomvorstufe hat sich in den letzten Jahrzehnten vervierfacht, die der invasiven Karzinome hat um den Faktor 1,5 zugenommen [8]. Vor allem junge Frauen zwischen 20 und 35 Jahren erkranken zunehmend an VIN vom undifferenzierten, HPV assoziierten Typ. Im Gegensatz zur differenzierten, HPV unabhängigen VIN sind HPV assoziierte VIN meist multifokal bzw. multizentrisch [9, 10, 27].
VAIN und Vaginalkarzinom
Das Vaginalkarzinom gehört zu den seltenen Genitalmalignomen mit einer Inzidenz von 0,4/100.000 Frauen pro Jahr. Am häufigsten tritt es in höherem Alter auf (zwischen 60 und 79 Jahren). Eine VAIN 3 kommt mit einer Inzidenz von 0,2/100.000 Frauen pro Jahr vor. HPV-DNA wurde in 91% aller VAIN, in 80% der in situ- Karzinome und in 60% der invasiven Karzinome nachgewiesen. Bei VAIN handelte es sich in 64% um die Hochrisiko-Typen HPV 16 oder 18 [26, 28].
PIN und Peniskarzinom
Das Peniskarzinom mit seinen Vorstufen (PIN) ist eine Rarität und hat nur einen Anteil von 0,5% der Karzinome beim Mann. HPV-DNA konnte in ca. 42-80% aller Peniskarzinome nachgewiesen werden, hier stellen HPV 16 und 18 die am häufigsten nachgewiesenen Typen dar [29-31]
Anale Läsionen
Das Analkarzinom ist häufiger bei Frauen als bei Männern. Die Inzidenz liegt zwischen 0,3 bis 1,2/100.000 Frauen pro Jahr und zwischen 0,2 bis 2,0/100.000 Männern pro Jahr, die höhere maximale Inzidenz bei Männern erklärt sich durch die unten genannten Risikogruppen. In 95% der Analkanal-Karzinome bei Frauen und in 83% bei Männern wurden Hochrisiko-HPV-Typen nachgewiesen, während der Nachweis bei perianalen Hautkarzinomen bei 80% bzw. 28% lag [32]. Insbesondere bei HIV-positiven Männern ist die Inzidenz des Analkarzinoms stark angestiegen. Sie lag in der prä-HAART Ära zwischen 1984 und 1995 bei 35 pro 100.000, hat in der HAART Ära auf 92 pro 100.000 HIV-Patienten zugenommen und betrifft insbesondere Homosexuelle (MSM) [33].
Klinik
Von Vulvakarzinomvorstufen scheinen vor allem junge Frauen
zwischen 20 und 35 Jahren zunehmend betroffen zu sein. Die HPV-assoziierte
VIN weist häufig eine Histologie vom undifferenzierten, basaloiden oder
kondylomatösen Typ auf, während die differenzierte VIN selten HPV-DNA
enthält, in Assoziation mit dem Lichen sclerosus anzutreffen ist und
als Präkanzerose des Vulvakarzinoms der älteren Frau gilt.
Penile intraepitheliale Neoplasien werden histopathologisch entsprechend
der Ausdehnung der Zellatypien innerhalb der penilen Epithelien als
PIN Grad I; II und III unterschieden. Während PIN III-Epithelveränderungen
klinisch als papulöse (M. Bowen, bowenoide Papulose) oder als flache,
rötliche (Erythroplasia Queyrat) klinisch leicht erkennbar sind [34]
können PIN I- und PIN II-Befunde, kaum über das Normalepithel erhaben,
durchaus leicht klinisch übersehen werden.
Diagnostik
Die prämalignen Hautveränderungen des unteren Genitaltrakts
weisen eine sehr heterogene Symptomatik (Pruritus vulvae, Brennen, Wundgefühl,
aber häufig auch asymptomatisch) auf. Ein spezifisches Screening zur
Detektion dieser Läsionen existiert nicht. Näheres zur Krebsfrüherkennung
wird in der S2-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie
und Geburtshilfe, Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie geregelt.
Die Diagnose eines PIN-Befundes kann allein histopathologisch gesichert
und differenziert werden. Die Essigsäure-Testung färbt die Läsionen
in einer unspezifischen Reaktion weiß an. Dieser Test kann als fakultative
Untersuchungsmethode dem erfahrenen Kliniker dienlich sein, insbesondere
auch zur Bestimmung der Ausdehnung der Läsionen vor der Entfernung z.B.
mittels CO2-Laser. HPV-Typanalysen haben hier lediglich wissenschaftlichen
Wert, beeinflussen die Patientenberatung aber nicht. Eine Ausnahme stellen
riesenhafte Kondylome dar. Hier ist die HPV-Typisierung indiziert um
zwischen harmlosen low-risk-HPVassoziierten Kondylomen und high-risk-HPV-assoziierten
verrukösen Karzinomen [35] zu unterscheiden. Die Diagnositik einer AIN
ist nur im Rahmen der Anoskopie und mittels Entnahme einer Biopsie und
histologischer Untersuchung möglich. Die Anwendung zytologischer Verfahren
bei analen Dysplasien hat sich noch nicht durchgesetzt. Abstriche und
virologische Untersuchungen auf low-risk- und high-risk- HPV sind jedoch
sehr hilfreich.
Therapieoptionen
Zu den Therapieoptionen bei VIN/Vulvakarzinom siehe S2-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, Arbeitsgemeinschaft gynäkologische Onkologie, Organkommission Vagina/Vulva.
Methode der Wahl bei PIN 3-Befunden ist die vollständige Beseitigung (z.B. Exzision, Laser, Kryotherapie, Elektrotherapie) der Präkanzerose. Behandlungen mit Immuntherapeutika (z.B. Imiquimod) oder andere medikamentöse Lokaltherapien sind bislang unzureichend untersucht. PIN 1- und PIN 2-Befunde haben vergleichsweise hohe Chancen auf eine Spontanregression und Remission. Unter kontrollierter Beobachtung bedarf es daher weniger aggressiver Therapiestrategien.
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