Primärprävention
anderer HPV-assoziierter Läsionen
Alle bisher beschriebenen Fälle von Larynxpapillomen
sind durch HPV 6 bzw. HPV 11 bedingt. Diese häufig rezidivierende Erkrankung
ist sehr therapieresistent und die Patienten müssen häufig mehrfach
in Vollnarkose operiert werden. Die geschätzte Inzidenz liegt zwischen
0.6 und 4 Fällen/100.000 und ist damit über 100-mal geringer als die
der ebenfalls durch HPV 6/11-induzierten Condylomata acuminata. Etwa
die Hälfte der Fälle tritt bei Kleinkindern auf und wird so aufgrund
der jetzigen Impfstrategie nicht verhindert. Neugeborene von Frauen
mit Condylomata acuminata in der Schwangerschaft haben zwar ein erhöhtes
Risiko für Larynxpapillome und eine Impfung könnte hier empfehlenswert
sein. Da aber auch in dieser Situation die Häufigkeit der Erkrankung
noch sehr gering ist, wird sich eine Wirksamkeit nicht anhand von klinischen
Studien nachweisen lassen. Dasselbe gilt auch für diejenigen Larynxpapillome,
die im Alter von 20-30 Jahren auftreten und die durch die Impfung theoretisch
zu verhindern sein sollten.
Neben den Tumoren im Anogenitalbereich sind auch etwa 30% der Kopf-Hals
Tumoren mit Infektionen durch high-risk-HPV – meist HPV 16 – bedingt.
Da diese Tumoren meist im Alter zwischen 40 und 50 Jahren auftreten
und keine klinisch oder pathologisch definierten Vorläuferläsionen bekannt
sind, ist auch in diesem Fall nicht mit klinischen Studien zur Verhinderung
dieser Tumoren zu rechnen. Ein Nachweis der Wirksamkeit kann nur retrospektiv
– viele Jahre nach Einführung der Impfung und in Populationen mit einer
hohen Teilnehmerrate – erbracht werden, wenn nämlich anhand der Krebsregister
ein Rückgang dieser Tumoren beobachtet und derEinfluss anderer Faktoren,
z.B. Rauchen, ausgeschlossen werden kann. Im Rahmen solcher Studien
könnte sich dann sogar eine kausale Rolle von HPV 16 und 18 bei anderen
Tumoren prüfen lassen, bei denen jetzt ein solcher Zusammenhang nicht
bekannt ist oder nur vermutet und widersprüchlich diskutiert wird (z.B.Ösophaguskarzinom).
Sollte die Impfung bei anderen HPV-assoziierten Läsionen erfolgreich
sein, würden vor allem Personen mit hohem Risiko, z.B. Immunsupprimierte,
davon profitieren. AIN und Analkarzinom sind ein besonderes klinisches
Problem bei HIV-infizierten Männern mit gleichgeschlechtlichen Kontakten
mit einer AIN2/3-Prävalenz von über 30% und einer heute etwa 100-fach
erhöhten Inzidenz des Analkarzinoms im Vergleich zur heterosexuellen
Bevölkerung. In mehr als 80% der AIN2/3-Läsionen ist DNA des in der
Vakzine enthaltenen HPV 16 nachweisbar [26, 79]. Bei Organtransplantierten
liegen ähnliche Zahlen vor: bei 20% (27/133) der untersuchten Patienten
wurde eine AIN festgestellt, bei 47% der Patienten konnte der high-risk-
HPV-Typ 16 nachgewiesen werden [80]. Daten zur Wirksamkeit der HPV-Vakzine
bezüglich der Prävention von AIN liegen nicht vor. Die mögliche Effizienz
der Vakzine bei HIV-infizierten MSM ist auf Grund der Immunsuppression
und der multiplen Infektionen mit high-risk-HPV-Typen nur schwer zu
beurteilen. In Abstrichen von 9/13 AIN2/3-Läsionen von HIV-Patienten
wurden 3-7 verschiedene HR-HPV identifiziert und HPV 16/18 allein lagen
nur in 23% der Fälle vor [79]. Es ist gegenwärtig unklar, wie weit HPV
16 auch bei Vorliegen weiterer HR-HPVInfektionen die Tumorprogression
maßgeblich (mit-)bestimmt. Bei Transplantatempfängern zeigte sich kein
wesentlicher Unterschied zu gesunden Kontrollen in der Höhe der Viruslast
und der Zahl der HPV-Typen [81]. Angesichts der Häufigkeit von AIN2/3
bei HIV-infizierten MSM und Organtransplantierten sollte die Wirksamkeit
der HPV-Vakzine in geeigneten klinischen Studien untersucht werden.
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